Auf sozialen Medien leben zur Zeit praktisch alle ein Vanlife, die einen naturnahen Lifestyle leben wollen. Unter anderem hinderte mich genau das den Gedanken zuzulassen, ob ein Leben im Bus auch für mich respektive uns infrage kommen würde. Es fühlte sich einfach zu hipp, zu unecht an. Speziell wenn man schon fast zwanghaft nach Authentizität sucht (und dabei öfters das persönliche Gespür verliert und sich offensichtlichen Möglichkeiten grundlos verschliesst). Erst durch Caro bekam der Gedanke nach und nach Raum und plötzlich konnte man sich ein Leben im Bus abseits von Instagram und Co. (und auch ohne hippe Vanlife Schweiz Stroy) problemlos vorstellen.
Einfach aus dem simplen Grund, dass so ein Leben zur Zeit am besten passt (Blogeintrag “Im Bus leben als Chance). Es geht nicht um Lifestyle, Anerkennung oder sich beziehungsweise jemand anderem etwas zu beweisen oder vorleben zu müssen. Nein, wir steckten fest und das ist unser Ausweg, der jetzt für uns passt und offen ist. Wir testen diesen Weg jetzt und nutzen diesen, solange er sich aufrichtig anfühlt.
Ob es nun drei Monate oder drei Jahre im Campingbus werden, ist völlig offen. Wir hatten wieder eine Richtung, der wir folgen konnten, einen Weg, den wir mit Freude und Neugierde verfolgen. Genau das hat vorher gefehlt, was wollten wir eigentlich? Man machte und brachte die erwartete Leistung, diese gar nicht so schlecht, aber der Sinn war nicht so recht greifbar. Der Antrieb und die Vision hatten gefehlt.
Wie ist ein leben im VW Bus möglich
Caro stürzte sich in die Vorbereitung ihrer Selbständigkeit und ein halbes Jahr später war sie soweit (wie auch immer man den Zeitpunkt bestimmt, an dem man so weit ist). Mehr zu ihrer Arbeit findet ihr hier!
Ich war da freier und musste weniger vorbereiten. Ich habe mich schon längere Zeit nicht mehr heimisch gefühlt,war immer ein bisschen unterwegs und habe mich nirgends richtig niedergelassen, allerdings habe ich mich nie als “Nomade“ gesehen. In den zwei Jahren, in denen ich in Wien lebte und mir dort eine kleine Werkstatt eingerichtet hatte, erarbeitete ich mein Campingbus – Konzept. Dies, ohne einen richtigen Plan zu haben, wozu ich das genau mache. Aber es war das, was mir in diesem Moment leicht fiel, wobei ich ein gewisses Talent hatte und was mir Freude bereitete.
Durch meine Zeit in Wien und das dort erstellte Konzept für unseren Vw-Bus hatte ich super Voraussetzungen, mich in der Schweiz professioneller aufzustellen und schlussendlich Campingbusse zu vermieten (heir findet ihr unsere Busse). Als dann die Idee mit dem Busleben immer mehr Raum bekam, hatte ich wieder Glück, dass sich meine Schwester Marianne (über HO-KO) so bereitwillig anbot, sich um die Busse in der Schweiz zu kümmern. Ich habe diese Chance mit Freude genutzt, um nicht länger physisch in der Schweiz präsent sein zu müssen.
Nun sind wir selber im Campingbus unterwegs und meistens ist es schon fast unheimlich, wie gut es funktioniert. Allerdings kommt ab und zu ein Gefühl von schlechtem Gewissen oder gar Rechtfertigungsdrang gegenüber Freunden und Familie auf. Ich habe mich immer verstanden und unterstützt gefühlt, trotzdem kommt dieses Gefühl von Zeit zu Zeit hoch. Das Gefühl, das ich mir zu viel herausnehme und ich es mir zu leicht mache.
Dies stimmt natürlich nicht. Jeder geht sein eigener Weg und zahlt den dazugehörigen Preis. Je aktiver man selber gestaltet, desto niedriger fällt dieser für einen persönlich aus.
Ich weis, dass wir nicht auf Kosten anderer leben und dass wir unser Budget und Arbeitsmodell so gestalten, dass wir gut selber durchkommen. Dass wir genau das Leben führen, das für uns im Augenblick das richtige ist. Dass wir uns unsere Möglichkeiten mit Planung und Reflexion erarbeitet haben. Es braucht ein bisschen Zeit ,bis ich realisieren und akzeptieren kann, dass dieser Lebensstil genau so akzeptiert werden kann wie ein “normales” Arbeitsleben.
Ich sehe eine grosse Bestätigung darin, dass das Busleben für uns richtig ist, wenn ich daran denke, wie mir manche Fragen oder Sorgen meiner Mitmenschen übertrieben oder gar unnötig vorkommen. So ist es kein Problem für uns kein Klo zu haben, im Wald mit einer Wasserflasche zu duschen, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche auf 4m2 ständig umbauen zu müssen oder dass man sich auf ein paar wenige Gegenstände beschränken muss.
Für viele ist diese Aufzählung ein Graus. Da wird mir immer wieder bewusst, dass das Gefühl, sich vor anderen erklären zu müssen, lächerlich ist, genauso wie die Sorge, man nehme sich zu viel heraus. Für die meisten ist so ein Leben, wie wir es führen, nicht vorstellbar. Für uns aber ist es einfach und deswegen fühlt es sich zeitweise auch surreal und als “zu gut” an.
Kann es wirklich so einfach sein? Ja, sofern man auf sich hört und macht, was zur Zeit möglich ist (und dabei kreativ ist) und sich nicht verbiegt. Es gibt fast immer einen Weg, um sein Leben so zu gestallten, wie man mag. Ich bin Handwerker sollte auf eine Werkstatt angewiesen sein, müsste eigentlich physisch präsent sein, um Geld zu verdienen. Und doch habe ich einen Weg gefunden, mein Leben so zu gestalten wie ich will und kann jetzt so ortsunabhängig arbeiten, wie es mir nur möglich ist.
Klar, wir haben unglaublich gute Voraussetzungen und soziale Strukturen, die uns sehr viele Türen öffnen. Es ist eine unglaubliche Chance mich für mich, eine Werkstatt im Keller meiner Schwester haben zu können. Und ein grosses Glück, dass diese auch noch auf die Busse schaut (Dafür gebe ich aber auch auf einen Teil meines Umsatzes ab, es ist immer ein Abwägen zwischen Geld, Arbeit, Freiheit und Zeit). Auch Eltern zu haben, die einen unterstützen und einem so viel Freiheit geben, ist nicht selbstverständlich. Ich habe ein riesiges Privileg und ich könnte zu dieser Aufzählung noch viele weitere hinzufügen. Aber statt sich einem Leben zu fügen, in dem man sich nicht frei fühlt, nutze ich diese Chancen und Privilegien so gut es geht aus und gestalte meinen Weg selber. So macht das Leben Spass und bleibt interessant.
Wie gesagt es ist immer ein Abwägen zwischen Geld, Freiheit und Sozialem. Wenn man seinen Weg geht und und damit die Chancen sieht und Möglichkeiten nutzt, die sich einem bieten, wird einem die gewünschte persönliche Balance der oben genannten Punkterecht schnell klar. Das Gleichgewicht stellt sich ganz von alleine ein – sofern man ehrlich zu sich selber ist. Und etwas wagt.
“Warum Vanlife und ein Leben im Campingbus”? Weil es gerade passt.
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