Spanien ist nicht das, was ich mir ausgemalt habe. Es ist nicht diese Natur, diese mit 47 Millionen Einwohnern nochmals dünner als Frankreich besiedelte Weite, die ich mir ausgemalt habe. Ich spüre nicht die entspannte und lockere Stimmung, die ich von einem südlichen Land erwartet habe und Vanlife gestaltet sich auch als ein schwieriges Unterfangen hier.
Warum wohl? Ist es meiner Reserviertheit geschuldet? Ich bin zur Zeit nicht zugänglich für die laute und lebhafte Interaktion mit den Menschen hier. Ich fühle mich nicht wohl, weil ich die Sprache nicht spreche. Ich fühle mich nicht wohl, weil man immer das Gefühl hat, man sollte eigentlich nicht hier sein, man dürft nicht hier sein, man sei nicht willkommen. Immerhin haben wir eine Pandemie und wir fahren mit Schweizer Kennzeichen kreuz und quer durch das Land.
Sparche ist so wichtig!
Ich kann mich nicht verständigen. Mein Fehler. Klar. Dieses Fremdsein wieder einmal zu erleben, hat mich völlig unerwartet getroffen. Lange hatte ich dieses Gefühl nicht mehr. Wir leben in einer Welt, in der man naiv davon ausgeht, dass alle Englisch sprechen und das dies auch reichen würde, um am Sozialleben teilnehmen zu können. Wie ignorant das doch ist! Aber manchmal muss man dieses Fehldenken wohl wieder erleben und spüren, um es sich selber bewusst zu werden. In Spanien kommt man mit Englisch nicht besonders weit. Die Sprache lerne ich zwar, aber langsam und viel zu spät, als dass ich damit wirklich etwas anfangen könnte. Da habe ich wieder etwas gelernt. Bevor ich das nächste Mal für mehrere Monate in ein Land reise, werde ich die Wichtigkeit der Sprachverständigung nicht mehr so leichtfertig ignorieren.
Neben meinen Unzulänglichkeiten und meinem zur Zeit schwierigen Gemütszustand macht es mir Spanien auch von sich aus nicht leicht. Zu viele Zäune, zu viele Hunde, zu viel Privatgrund und viel zu wenig Natur, die unberührt ist. Die Landwirtschaft ist intensiv. Nicht nur punktuell oder regional. Nein, vom Norden bis in den äussersten Süden wird der Boden über seine Kapazitäten hinaus bewirtschaftet.
Wenn man sich ein Land dieser Grösse vorstellt (nur etwas kleiner als Frankreich) und das mit der Bevölkerung (20 Mio weniger als Frankreich) in Relation setzt, freut man sich auf weite leere Flächen und wilde Natur. In der Realität haben wir bis jetzt nur intensive Landwirtschaft und abgezäunte Jagdreviere gesehen, welche ununterbrochen aneinander gereiht sind. Ja, auch etwas Natur konnten wir entdecken. Aber diese hinkt der Vorstellung im Kopf um einiges hinterher.
Es gibt sie natürlich, diese schönen Flecken. Dort kann man auch wandern, klettern und sich ausmalen, wie es wohl vor 50 Jahren im ganzen Land ausgesehen haben muss. Doch diese Gebiete sind in Relation zum Land auf so eine kleine Fläche zusammen geschrumpft, dass man nicht durch das schöne Land von einem Ort zum nächsten fährt. Nein, nach dem Besuch eines schönen Fleckens muss man x Kilometer intensiv bebautes Land hinter sich bringen, bis man zum nächsten schönen Örtchen gelangt. Dabei kann man immer nur staunen, wie das funktionierten kann. Riesige Felder, aber keine Hecken, Bäume, Sträucher oder sonstige Anzeichen, die einen Hauch von Biodiversität suggerieren.
Wird es dann hügeliger und das Gebiet ist nicht ausdrücklich als Nationalpark beworben, (und wenn dann aufgrund der Topografie auch keine intensive Landwirtschaft möglich ist) kann man sich nur beschränkt freuen. Man merkt schnell, dass links und rechts nicht endenwollende Zäune die Strasse säumen. Alle hundert Meter sind immer dieselben schwarz-weissen Schilder mit „Privates Jagdgebiet” angebracht. Für das Vanlife und die abendliche Suche nach einem Übernachtungsplatz nicht gerade gute Aussichten.
Die Dörfchen sind oft schön und so richtig spanisch, wie man es sich vorstellt. Doch in der jetzigen Zeit Zugang in die Dörfchen und Städtchen zu finden, fällt mir schwer. Da ist zum einen Corona und wir haben nicht wirklich ein Gespür dafür, was OK ist und was nicht. Zum anderen ist da die Zurückhaltung aufgrund der Sprache und mein aktueller Gemütszustand, wegen dem ich aktuell Menschen mit lebhafter und lauter Art eher meide. Dies macht es nicht leichter sich mit dem Land anzufreunden. Ich glaube, ein Grossteil vom spanischen Charme machen eigentlich die Örtchen, die Leute (wenn man dafür zugänglich ist) und die Bars und Restaurants aus.
Vanlife braucht Zeit
Uns bleibt noch viel Zeit in Spanien. Wir werden noch bis Januar / Februar im Land sein. Ich bin langsam mit der Akklimatisation. Momente, in denen sich Spanien von der versöhnlicheren Seite zeigt, tauchen aber immer öfters auf. Nein, es is nicht der Hundebiss, den sich Caro von einem der unzähligen halbwilden Hunde hier in Spanien eingefangen hat – auf das hätten wir liebend gern verzichtet. Nein, es ist die Fürsorge der Menschen, die wir und besonders Caro aufgrund dieser Erfahrung erlebten. Trotz der aktuellen Situation im Gesundheitswesen und den – wie wohl überall – mit Überstunden überladenen Menschen im Spital wurden wir unglaublich zuvorkommend und herzlich betreut. Die Leute, bei denen wir zu dieser Zeit wohnten, waren unglaublich hilfsbereit und haben alles mögliche unternommen, um uns zu helfen.
Ich brauche Zeit. Aber je länger wir hier sind, desto mehr wird mir klar, dass Spanien wohl nie mein Traumland werden wird. Aber es wird sich allemal in mein Gedächtnis einbrennen und dies mit immer besseren Assoziationen, je länger wir hier sind.
Wir werden die wilde Natur hier wohl nicht finden, aber sobald ich diese Wunschvorstellung immer mehr hinter mir lasse, desto mehr sehe ich, was Spanien sonst so grosszügig zu bieten hat. Sonne, freundliche Menschen, eine doch erstaunlich fremde Kultur, Vogelgezwitscher am 22. Dezember und ja, je länger wir hier sind, desto kleiner wird auch dieses Gefühl des Unwillkommenseins. Und so haben auch die Menschen, Bars und Restaurants wieder ein einladenderes Gesicht für mich.
Zur Zeit haben wir uns lokal in einem B’n’B einquartiert. Wir werden im Januar und Februar wieder mehr mit dem Bus unterwegs sein. Hoffentlich habe ich da noch eine Chance, mein Bild von Spanien in Kombination mit Vanlife aufzubessern. Ich werde zu Spanien sicher nochmals einen Eintrag nach unsere Zeit hier machen. Schliesslich wollen wir die Wander- und Kletterspots doch noch finden. Wollen doch nochmals sehen, ob Vanlife während Corona hier wirklich so schwierig ist wie anfangs gedacht, oder ob es nur eine Frage der persönlichen Einstellung ist. Ich bin selber gespannt, was dabei rauskommt.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen mit dem Land gemacht oder seid ihr mit mit meinem Blog überhaupt nicht einig?
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